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Bist du schon bereit, deine Probleme zu lösen -- oder gibts noch gute Gründe, sie zu behalten?

Wenn Du schon seit Monaten oder sogar Jahren dasselbe Problem mit Dir rumschleppst (und Dich gleichzeitig darüber beklagst) dann ist es möglich, dass Du auf irgendeine Weise an deinem Problem hängst.


Hä? Wie? Ich will es doch LOSWERDEN, denkst Du jetzt vielleicht.

Lass es mich erklären.


Erster Schritt: Ist das Problem überhaupt veränderbar?

Im Resilienztraining zeige ich oft das Modell der (Un-) Veränderbaren Welt von Sylvia Keré Wellensiek (»Logbuch Resilienz«):

Das Modell zeigt, dass es sehr hilfreich und wichtig sein kann, zu unterscheiden, ob ein Problem zur veränderbaren oder zur unveränderbaren Welt gehört. In der veränderbaren Welt haben wir 2 Möglichkeiten: aktiv zu gestalten oder Grenzen zu setzen.


Das Modell zeigt auch, dass wir selbst bei Dingen, die wir nicht beeinflussen können, die also zur unveränderbaren Welt gehören, Handlungsspielräume haben: Akzeptieren & loslassen oder aushalten & bewusst klagen.

Merke: bewusst.


In der Kategorie der veränderbaren Welt gibt es also Möglichkeiten des konkreten Handelns. Bei Dingen, die zur unveränderbaren Welt gehören, können wir vor allem etwas an unserer eigenen Haltung tun.


Oft klagen wir unbewusst und das ist häufig der Fall, wenn das Problem eigentlich veränderbar ist, aber sich seit mehr oder weniger langer Zeit keine Lösung ergibt.


Also: Veränderbar? Handeln. Unveränderbar? Haltung hinterfragen und ggf. ändern.


Zweiter Schritt: Dein Problem ist veränderbar, aber Du wartest darauf, dass es jemand anders für Dich löst?

Immer wieder erlebe ich es in Resilienztrainings, aber auch in anderen Kontexten, dass die Menschen sich wünschen, dass jemand kommt und die Probleme für sie löst. (Oder dass das System sich ändert. Die harte Realität ist: wenn Du das System weiter fütterst und es am laufen hältst, wird sich höchstwahrscheinlich nichts ändern. Warum auch? Es funktioniert ja und Du machst mit. Dies gilt für Arbeitsbedingungen gleichermaßen wie für Beziehungen etc. )

Ich kann den Wunsch danach, dass jemand anders für Dich Verantwortung übernimmt, wirklich gut verstehen - ich habe ihn auch oft!

Hier kann es gut sein,

  • dass Bezugspersonen in Deiner Kindheit die Rolle des Sich-Kümmernden nicht angemessen ausgefüllt haben,

  • dass Du nicht gelernt hast, Verantwortung für Dich selbst auf eine Art zu übernehmen, die sich leicht anfühlt; es sich also ständig wie eine Bürde anfühlt, Dich um Dich selbst zu kümmern,

  • Oder eben, dass es bequemer ist, das Problem zu behalten, als sich um eine Lösung zu bemühen.

Hier kann es sich lohnen, ehrlich zu dir selbst zu sein und dir mal anzuschauen, ob du irgendeinen versteckten Nutzen davon hast, dein Problem eben nicht loszuwerden. Wäre das nämlich nicht der Fall, hättest du es vermutlich schon gelöst.

(Ausgenommen davon sind natürlich Traumata, die sich nicht mal eben so mit einem anderen Mindset lösen lassen, sondern meistens einer professionellen Begleitung bedürfen; die ersten zwei Punkte oben können darauf hinweisen.)


Das wichtige hieran ist: wenn du bereit bist, ein Problem zu lösen, dann ergibt sich meistens ein Weg.

Gehen musst du ihn dann allerdings selbst -- und hier könnte die versteckte Agenda liegen, denn neue Wege zu gehen, ist meistens erstmal unbequem, anstrengend und auch schmerzhaft.


Um herauszufinden, ob es einen versteckten Nutzen dafür gibt, dein Problem zu behalten, kannst du dich bspw. fragen:

  • Wozu ist das Problem gut?

  • Was tut es für mich?

  • Welcher Glaubenssatz wird dadurch möglicherweise bestätigt?

  • Wer könnte was dagegen haben, dass ich das Problem löse (eine andere Person oder auch ein innerer Anteil)?

Dritter Schritt: Du kannst ein Problem nicht mit derselben Denkweise lösen, durch die es entstanden ist

Wenn wir dann über Lösungen für Probleme nachdenken, geschieht das oft in Kategorien von "etwas weniger tun" oder auch "etwas nicht mehr tun". Unser Gehirn kann damit aber leider wenig anfangen. Probier mal, nicht an einen rosa Elefanten zu denken. Merkste? Wenn ich mir also vornehme, nicht mehr abends das Schokoladenfach zu plündern, dann wird das vermutlich nicht funktionieren.


Die Frage, die ich mir hier stellen würde ist, was es mir gibt, wenn ich eine Tafel Schoki verdrücke. Zuerst kannst Du Dich also fragen: wofür ist dieses Verhalten gut? (Siehe oben: versteckter Nutzen)


In meinem Fall ist es sehr wahrscheinlich, dass ich damit eine innere Leere füllen möchte. Dieses Bedürfnis ist für mich nachvollziehbar, dh ich kann die Intention wertschätzen und mir gleichzeitig eine neue Strategie wünschen.


Die nächste Frage wäre dann für mich: Was stattdessen? Ich möchte keine innere Leere mehr spüren, was möchte ich denn stattdessen spüren? Was ist mein Wunsch?

Ich könnte hier antworten: Ich möchte Fülle spüren oder ich möchte ausgefüllt sein, wie auch immer.


Nun kann ich mich fragen: wie kann ich ein Gefühl der Fülle mit einer Strategie erreichen, die mir hilfreicher ist? Wo bzw. wann spüre ich Fülle und wie kann ich diese Ressource nutzen, um mein Problem zu lösen?

Ich spüre bspw. Fülle, wenn ich im Wald spazieren gehe, wenn ich im Garten welke Blüten abzupple, wenn ich Atemübungen mache.


Meine Strategie könnte also sein, statt Schoki zu futtern Atemübungen zu machen. Und ja, das braucht Übung und Disziplin, denn (Achtung, Reality Check!) meine bisherige Strategie habe ich ja jahrzentelang geübt, da ist das Problem nicht auf wundersame Weise weg, wenn ich ein Mal 5 Minuten atme. 😮‍💨


Kleine Hacks, mit denen Du Dich selbst austricksen kannst, machen es leichter. Ich mag z.B. Post-its sehr gern. Ich schreib mir da bspw. "Atem" drauf und kleb es an den Schoki-Schrank. So werde ich in meinem Automatismus, robotermäßig zur Schokolade zu greifen, unterbrochen, und kann mir jedes Mal neu überlegen, ob ich mein neues Vorhaben weiter umsetze -- oder ob ich es boykottiere.


Ja, nicht so einfach. Deshalb behalten viele Menschen ihre Probleme lieber. Wenn du deines aber wirklich loswerden willst und es für dich alleine echt schwer ist, dann mach den


Vierten Schritt: Such dir Unterstützung!

Auch wenn Du es bist, der*die die Verantwortung für sich selbst übernehmen muss, musst Du es nicht alleine tun.


Es gibt ein Sprichwort, das lautet:

Wenn der Schüler bereit ist, erscheint der Lehrer

Der Lehrer oder die Lehrerin muss nicht unbedingt in Form einer Person erscheinen, es kann auch eine Erkenntnis oder ein innerer Anteil deiner selbst sein.


Wenn es ein innerer Anteil ist, der möchte, dass du dein Problem behältst, dann kannst du wunderbar mithilfe des Inneren Familiensystems damit arbeiten. Hierfür gibt es tolle Bücher, z.B. von Tom Holmes oder Richard Schwartz und natürlich kannst du dir auch Unterstützung von Freunden, Familie oder einer Therapeutin/einer Coach suchen.


Wenn Du dazu Fragen oder Anmerkungen hast, kommentiere gern oder schreib mir: kontakt@gedankenkultur.de

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