Eine liebe Freundin hat mir erzählt, dass sie lange dachte, sie sei belastbar. Kürzlich sei sie jedoch zu der Erkenntnis gekommen, dass sie Belastbarkeit mit Aushalten verwechselt habe. Für sie folge daraus, dass sie nicht belastbar sei.
Belastbarkeit ist eine wichtige Kompetenz in unserer Gesellschaft; in fast jeder Stellenanzeige wird sie gefordert.
Ich frage mich nun, ob es wirklich Belastbarkeit ist, die die Gesellschaft fordert, oder ob es nicht tatsächlich das Aushalten ist:
"Stell dich nicht so an." -- "Arschbacken zusammenkneifen." -- "Augen zu und durch."
Das sind Sätze, die sicherlich jede:r schon Mal gesagt bekommen oder zumindest gehört hat.
Ich halte das für grundlegend falsch. Aus der Traumaforschung weiß man, dass eine Situation, in der das menschliche System durch Überforderung in einen Aushalte-Zustand gelangt, ein Trauma auslösen kann.
Aus meiner Sicht sollte Belastbarkeit bedeuten, dass man schwierige Situationen mithilfe der eigenen Handlungskompetenzen bewältigen kann. Nicht, dass man Situationen über sich ergehen lässt und schlimmstenfalls kurz- oder sogar langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten hat.
Belastbarkeit sollte etwas sein, das möglicherweise über einen kurzen Zeitraum erforderlich ist. Diese Erfordernis sollte kein Dauerzustand sein.
Wie können wir also damit umgehen?
Ein erster Ansatz ist aus meiner Sicht, den/die innere:n Beobachter:in darin zu schulen, rechtzeitig zu erkennen, wenn etwas zu viel wird und welche Bedürfnisse daraus entstehen. Im nächsten Schritt brauchen wir den Mut, für uns selbst einzustehen und eine Entlastung zu fordern, denn besonders wenn es um berufliche Belastungen geht hat der/die Arbeitgeber:in eine Fürsorgepflicht. Und diese Fürsorge dürfen wir auch uns selbst zukommen lassen. Um dann nicht auszuhalten, sondern Situationen einfach nur zu halten.
Bestenfalls mit Leichtigkeit.
Ich freu mich über Deinen Kommentar!
Comentarios